Haushaltsrede des SPD
von Swen Horstmann (Kommentare: 0)
Stellungnahme zum Haushalt 2022
Die SPD-Fraktion begrüßt, dass im Haushalt 2022 die finanzielle Grundlage für viele Maßnahmen geschaffen wird, die von uns unterstützt werden. Allerdings will ich schon vorab darauf hinweisen, dass wir sehr besorgt um die personelle Ausstattung der Verwaltung sind und wir Bedenken haben, dass die geplanten Maßnahmen auch wirklich umgesetzt werden können. Hierauf komme ich am Ende meiner Ausführungen zurück.
Auf einige Themen möchte ich vorher grundsätzlich eingehen, dabei geht es ausdrücklich nicht nur um Zahlen, sondern vor allen Dingen um Hintergründe, Zusammenhänge und Entwicklungen:
Klima
Dass Maßnahmen des Klimaschutzes sehr viel deutlicher in der Kommunalpolitik verankert sein müssen, habe ich schon im letzten Jahr erwähnt. Es ist unsere vordringliche Aufgabe, den kommenden Generationen eine intakte und lebenswerte Umwelt zu erhalten.
Im Haushalt sind in diesem Zusammenhang einige positive Ansätze zu finden:
Straßenlampen werden auf LED-Leuchten umgerüstet, auf den Betriebsgebäuden der Gruppenkläranlage werden Photovoltaikanlagen installiert - übrigens ein Antrag der SPD aus dem letzten Jahr. Die weitere Installation von Photovoltaikanlagen auf städtischen Dächern, so hat es Herr Becker in unserer Fraktion beschrieben, ist in Planung.
Die Investitionen in Wirtschaftswege, immerhin eine halbe Million Euro, kommt auch Radfahrern zugute, eine ökologisch orientierte Umwandlung des Stadtwaldes fand eine breite Mehrheit. Außerdem bleibt Stadtwald weiterhin Stadtwald und wird nicht „teilprivatisiert“.
Wenn im Bauamt der Stadt jetzt – im Rahmen eines interkommunales Projekts mit der Nachbargemeinde Marienmünster - eine Klimabeauftragte oder ein Klimabeauftragter ausdrücklich für den Bereich Klimaschutz zuständig sein wird, schaffen wir eine wichtige Grundlage für eine zukünftige verantwortungsbewusste kommunale Klimapolitik.
Dazu gehören dann der Ausbau erneuerbare Energien, Initiativen im Bereich Verkehr und Mobilität, die klimabewusste Planung im Bereich Bauen, aber auch die Beratung von Bürgerinnen und Bürgern.
Für weniger wichtig halten wir im Zusammenhang mit Klimaschutz die Schaffung eines sogenannten Klimaparks. Eine mit wenig Inhalt gefüllte Bezeichnung für ein Naherholungsgebiet schafft keine Klimaverbesserung. Die Vorstellungen der CDU von einem Klimapark werden den wirklichen Herausforderungen des Klimawandels in keiner Weise gerecht.
Einer Gesamtplanung des Erholungsbereichs Lehmkuhle stehen wir im Grunde positiv gegenüber. Aber nicht unter einem nichtssagenden Titel.
Familien
Investitionen im Zusammenhang mit Familien hatten schon immer einen hohen Stellenwert in der Stadt Nieheim.
Der sehr gute Zustand von Kitas und Schulen sind hierfür ein Beispiel. Hier ist in der Vergangenheit viel Gutes passiert.
Die aktuellen Anmeldezahlen für die Schulen, die steigende Nachfrage nach Kitaplätzen, bei einer sehr guten Versorgungsquote, sind sicherlich zum einen ein Beleg für die gute Arbeit in der Vergangenheit.
Und andererseits für das außergewöhnlich hohe Engagement des Personals in Kitas und Schulen, bei dem ich mich für den hohen Einsatz in sehr schwierigen Zeiten an dieser Stelle bedanken möchte.
Ohne gutes Personal wären die hohen Investitionen in Sachwerte wenig sinnvoll.
Mit konkret weiteren Investitionen in das Schwimmbad, mit Planungen für einen Soccer-Court und einen Pumptrack, wenn denn die Finanzierung gesichert werden kann, würde das Freizeitangebot in Nieheim zusätzlich belebt.
Grundsätzlich ist es richtig, dass der Bürgermeister das Thema Spielplätze aufgegriffen hat - im Übrigen eine Forderung der SPD vor der letzten Kommunalwahl.
Die Begründung für sein Engagement und die Umsetzungsplanung sind allerdings wenig glücklich:
Wenn der Bürgermeister bei vielen Gelegenheiten immer wieder darauf hinweist, dass man bei Spielplätzen gut und einfach Geld ausgeben könne, was auch den Dörfern zugutekommt, frage ich mich, um was es eigentlich geht. Um die Kinder und die Familien? Oder darum, dass der Bürgermeister zeigen kann, dass er Geld ausgeben kann und das auch in den Dörfern?
Ich wehre mich im Übrigen gegen seine Aussage, dass die Zuweisungen des Landes durch die jährliche Investitionspauschale erst jetzt sinnvoll verwendet würde, z.B. für die Spielplätze.
Die Investitionspauschale soll die Infrastruktur einer Gemeinde verbessern. Ohne diese pauschalen Mittel wäre in der Vergangenheit manche Baumaßnahme nicht verwirklicht worden. Und mit mir werden viele, die in den letzten Jahren Haushaltspläne der Stadt mitverantwortet haben - in Verwaltung und Politik - sagen, dass wir die Investitionspauschale - fast immer - sinnvoll verwendet haben.
Das vom Bürgermeister hier vermeintlich entdeckte Potential nutzen wir schon seit Jahrzehnten.
Dass die Spielplätze jetzt besonders gefördert werden sollen, ist aber richtig und wir unterstützen diese Investition.
Ich hoffe, dass wir die Spielplätze unter Beteiligung von Eltern vernünftig aufwerten können.
Da muss aber mehr passieren als nur der Aufbau eines weiteren Spielgerätes.
Die Planung muss unabhängig von starren Finanzbudgets und ausschließlich aus pädagogischen Gründen erfolgen.
Und was genau so wichtig ist: nach der Investitionsphase folgt die Instandhaltungs- und Pflegephase. Und vor allen Dingen dabei ist in der Vergangenheit viel versäumt worden.
Hier bedarf es kreativer Lösungen in die auch Eltern, Nachbarn und Dorfgemeinschaften mit einbezogen werden müssen.
Die politischen Entscheidungen, dass fast alle Spielplätze, entgegen dem Vorschlag des Bürgermeisters, erhalten bleiben, werden von der SPD voll unterstützt.
Erhalten und pflegen wir unsere Spielplätze als Treffpunkte für Familien in der Nachbarschaft.
Stadtentwicklung
Die Entwicklung von Kernstadt und Dörfern zu Orten in denen man gerne wohnt, in die man aber auch gern zu Besuch kommt, war uns allen in den letzten Jahrzehnten wichtig.
Mit dem integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzept haben wir viel gestaltet, zuletzt den Bereich Richterplatz. Die Machbarkeitsstudie zur Umnutzung der ehemaligen Grundschule und zur funktionalen Ertüchtigung der Stadthalle wird für das Wohnen und Leben in der Stadt einen wichtigen Entwicklungsschritt mit sich bringen. Die Fortschreibung des ISEK-Programms wird für die Stadtentwicklung wichtig bleiben.
Notwendig wird die Auseinandersetzung mit dem „Historischen Ortskern“ bleiben. Natürlich müssen wir Raum für parkende Fahrzeuge schaffen, über 100.000 € für die Schaffung von Parkplätzen sind eine große Summe.
Wir müssen aber vor allen Dingen auch grundsätzliche Entscheidungen über das „Wie und Wo“ des Wohnens im Historischen Ortskern treffen. Dazu fordern wir eine Grundsatzdiskussion und eine Gesamtplanung.
Die Beteiligung am Projekt „Kleinstadtakademie“ kann in diesem Zusammenhang für die Stadtentwicklung nur gewinnbringend sein. Sinnvoll sind jedoch regelmäßige Informationen über die Arbeit dieser Initiative in den politischen Gremien.
Unstrittig ist die Bedeutung der Dorferneuerungsmittel. Die Erhöhung der Mittel für Dorferneuerungsmaßnahmen wird natürlich von uns unterstützt.
Der Tourismus ist über Jahrzehnte eine wichtige Säule der Entwicklung Nieheims.
Im Haushalt sind Mittel für ein Klimagutachten zum Heilklimatischen Luftkurort vorgesehen.
Bevor wir diese Mittel ausgeben, sollten wir uns grundsätzlich damit auseinandersetzen, wie wir in Zukunft Tourismus in Nieheim definieren wollen.
Ist der Erhalt des Status eines Kurortes, auch wenn er mit finanziellen Mitteln gefördert wird, wirklich wichtig?
Können und wollen wir die notwendigen Voraussetzungen für einen Kurort wirklich noch erfüllen? Oder ist es das Ziel eine Stadt mit ihren Dörfern, ihren Sehenswürdigkeiten und besonderen Veranstaltungen und Angeboten für Gäste attraktiv zu erhalten und zu gestalten?
Wir brauchen dringend eine sehr umfassende politische Diskussion, in die wir die beteiligten Vereine, Museumsbetreiber und privaten Tourismusakteure einbeziehen müssen.
Wir müssen ganz dringend ein neues Netzwerk schaffen, das unsere Fragen beantwortet und die Ergebnisse umsetzen kann.
Finanzen
Wir werden weiter eine finanzschwache Gemeinde bleiben und müssen mit vielen Unwägbarkeiten leben. Ich zitiere Herrn Becker, der bei Einbringung des Haushaltes sagte „keiner weiß, was passiert“.
Allerdings weise ich auch auf meine Standardaussage der letzten Jahre hin:
Wir brauchen eine gesicherte finanzielle Regelausstattung, die es uns ermöglicht auch den Alltag in der Kommune zu finanzieren. Wir brauchen eine grundlegende Reform der Gemeindefinanzen, die auch die Interessen der kleinen Gemeinden berücksichtigt. Hier muss das Land dringend tätig werden.
Das bleibt eine Grundforderung an die Landespolitik.
Mit Verwunderung haben wir deshalb, im Zusammenhang mit der Diskussion um Spielplätze, die Ausführungen des Bürgermeisters zur Kenntnis genommen, dass ja eigentlich genug Geld da sei. Man müsse es nur schlau anstellen und an den richtigen Stellen ausgeben.
Im Vorwort des Haushalts 2022 liest sich das jetzt anders. Da ist von einem zukünftigen Haushaltssicherungskonzept und Steuererhöhungen die Rede.
Den finanziellen Problemen sind wir in der Vergangenheit durch Haushaltsdisziplin begegnet.
Man kann nicht allen alles versprechen. Wir können nur das Machbare umsetzen und werden weiter von Fördermitteln abhängig sein.
Das Thema Windkraft wird allerdings kurzfristig für uns eine ganz wichtige Rolle spielen und wir werden ganz sicher in Nieheim mehr Raum für Windenergie schaffen müssen. Ganz vorrangig aus energiepolitischen Gründen.
In diesem Zusammenhang müssen wir natürlich Möglichkeiten von sogenannten Bürgerwindparks und stadteigene Beteiligungen prüfen. Die SPD wird sich aktiv an diesem Planungs- und Entscheidungsprozess beteiligen. Wohl wissend, dass da auch einiger Ärger und Unmut auf uns zukommen wird.
An den Aussagen des Bürgermeisters bei der Einbringung des Haushalts, dass Windenergie auf Dauer den Haushalt der Stadt sanieren wird, haben wir allerdings Zweifel.
Ganz so einfach wird das nicht gehen.
Wenn denn Windkraft so ganz einfach einen „Einnahmestrom“ für den Haushalt mit sich bringen würde, warum setzen andere Städte und Gemeinde nicht auf diesen „Wundereffekt“?
In Nieheim will der Bürgermeisters aber mit Wind die Haushaltsprobleme der Stadt lösen.
Das hat mich - und diese Bemerkung sei mir erlaubt - dann erst mal an die Emmersingers erinnert. Denn wie heißt es so schön im Karneval:
„Es muss am Emmerwasser liegen, dass wir so fröhlich sind. Denn alle Sorgen, die mich drücken, nimmt der Wind dahin.“
Da aber nicht immer Karneval ist, sollten wir in der täglichen Realität bleiben und gemeinsam versucheneine verantwortungsvolle Haushaltspolitik zu betreiben.
Ich will in diesem Zusammenhang vor einer „Goldgräbermentalität“ warnen. Die gab es in Nieheim
schon einmal bei der Planung des „Westfalen Culinariums“, bei der von zukünftigen Besucherscharen in Nieheim gesprochen wurde.
Goldgräberstädte, das wissen wir, waren nach kurzer Zeit wieder verwaist. Wir sollten unsere städtischen Planungen deshalb realistisch ausrichten.
Natürlich müssen wir uns mit Zukunftstechnologien auseinandersetzen, es spricht auch nichts dagegen Kontakt zu Universitäten aufzubauen, um an Forschung teilzuhaben.
Wichtiger als Projekte, die vielleicht in mittlerer oder ferner Zukunft umgesetzt werden könnten
-Pressezitat: „Science Fiction“ - ist aber die Bewältigung der Alltagsaufgaben.
Und da komme ich auf den Beginn meiner Ausführungen zurück.
An vorderster Stelle muss eine handlungsfähige Verwaltung stehen, die das Tagesgeschäft bewältigen kann.Wichtiger als die vom Bürgermeister vorausgesagte „gigantische Überschussproduktionen“ bei der Windkraft, die wir für die „Herstellung von Speichertechnologien“ nutzen können, ist ganz aktuell die personelle Unterbesetzung der Verwaltung.
Die noch verbleibenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen ich ausdrücklich für ihre Tätigkeit danken möchte, können die Aufgaben kaum noch erfüllen. Ohne eine handlungsfähige Verwaltung, die für die Planung und Umsetzung notwendige Maßnahmen in der Lage ist, wird vieles im Haushalt Makulatur bleiben.
Hier ist es die vordringliche Aufgabe des Bürgermeisters ein Konzept vorzulegen, wie es in der Verwaltung weitergehen soll. An dieser Stelle sind die von ihm viel beschworenen Geschäftsmodelle dringend notwendig.
Das alles musste nach Meinung der SPD heute gesagt werden. Zur konstruktiven Zusammenarbeit stehen wir natürlich weiter bereit.